Ein Blogartikel von Frits Koster

Mir wurde warm ums Herz, als Joyce Cordus mich eingeladen hat, mit ihr ein Training zum Thema Vergebung zu entwickeln. Dieses Thema interessiert mich schon seit vielen Jahren, wahrscheinlich auch deshalb, weil ich mich selbst an verschiedenen Stellen in meinem Leben schmerzhaft mit innerer Härte, Schuld- und Schamgefühlen auseinandersetzen musste. Durch Schaden und Schande habe ich gelernt, wie wichtig Vergebung in diesem Prozess ist. Darüber hinaus ist der Wert der Vergebung heute nicht nur mit religiösen Perspektiven verbunden. In den letzten Jahren gibt es immer mehr wissenschaftliche Studien, die bestätigen, dass Vergebung Qualitäten hat, die Gesundheit und Wohlbefinden fördern, und dass wir – ähnlich wie bei Achtsamkeit und Freundlichkeit – diese wohltuende Qualität durch geduldiges Üben besser zur Entfaltung bringen können.

Im Mitgefühlstraining Mindfulness-Based Compassionate Living (MBCL), das Erik van den Brink und ich 2007 gemeinsam entwickelt haben, beschäftigen wir uns in einer der Sitzungen mit dem Thema Vergebung. Dort macht es letztlich aber nur einen kleinen Teil des Trainings aus. Im Mindfulness-Based Training in Forgiveness (MBTF) haben wir Vergebung in den Mittelpunkt gestellt, dass sich über sechs Sitzungen oder als Retreat oder Seminar über drei Tage erstreckt. In diesem Sinne kann die Teilnahme an einem Achtsamkeitstraining mit dem Erlernen des Autofahrens verglichen werden. Das Mitgefühlstraining kann als „Schleuderkurs“ gesehen werden, durch den wir zusätzliche Fähigkeiten entwickeln, mit Schmerz, Schwierigkeiten und Stress umzugehen – bei uns selbst oder bei anderen. Das MBTF, das Joyce und ich jetzt entwickelt haben, kann als „Rehabilitationstraining“ betrachtet werden – wenn wir irgendwie aus der Kurve geflogen sind und uns selbst und/oder anderen irgendwie verletzt haben.

Und das passiert uns allen. Schließlich machen wir Menschen von Zeit zu Zeit Fehler oder irren uns. Wir begehen Dummheiten, reagieren impulsiv und treffen – im Nachhinein betrachtet – nicht immer sinnvolle oder angemessene Entscheidungen. Wir entwickeln dann leicht eine innere Härte gegen uns selbst und/oder andere und das macht niemanden glücklich.

Im MBTF erforschen wir verschiedene Absichten und Formen der Vergebung, z.B. uns selbst zu vergeben, um Vergebung zu bitten und anderen zu vergeben – auf individueller Ebene, in Bezug auf Gruppen und Gemeinschaften und in Bezug auf die zunehmende Polarisierung in der Welt um uns herum. Aber es wird auch um alle Arten von Dilemmas und Schwierigkeiten auf dem Weg der Vergebung gehen und darum, wie wir auch damit mitfühlend und verzeihlich umgehen können. Der MBTF-Kurs ist säkular und wird wissenschaftlich begleitet.

Der dänische Theologe und Philosoph Søren Kierkegaard schrieb einmal in einem seiner Tagebücher: „Das Leben kann nur rückwärts verstanden werden, aber es muss vorwärts gelebt werden“. Wir können mit Weisheit und Verständnis zurückblicken, daraus lernen und mit mehr Milde und leichterem Herzen weitergehen. Das kommt letztlich allen zugute.

– Frits Koster, Mai 2023